Header

Suche

Klare Mehrheit der Schweizer Medienschaffenden nutzen KI-Tools – jedoch mit Vorbehalten

Die grosse Mehrheit der Medienschaffenden in der Schweiz nutzt KI im Arbeitsalltag, allerdings vor allem für unterstützende Tätigkeiten, weniger für die Produktion von Inhalten. Die Auswirkungen des Einsatzes von KI-Tools auf die Medienqualität beurteilen sie eher ambivalent. Befürwortet werden branchenweite Standards und eine stärkere Kooperation im Bereich KI-Infrastruktur, um die Abhängigkeit von Tech-Plattformen zu verringern. Das zeigt eine Untersuchung der Universität Zürich.

Bildquelle: iStock/hapabapa

Bildquelle: iStock/hapabapa

Die rasante Entwicklung generativer Künstlicher Intelligenz (KI) verändert die Art und Weise, wie Nachrichten produziert werden. Doch mit welchen Folgen für den Journalismus? Basierend auf einer Onlinebefragung von 730 Medienschaffenden aus den drei grossen Sprachregionen hat das fög – Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (UZH) erstmals den Einsatz und die Auswirkungen von KI auf den Schweizer Journalismus umfassend untersucht.

Mehrheit der Medienschaffenden nutzt KI-Tools

KI-Tools haben sich in den Redaktionen etabliert: Die Mehrheit der Medienschaffenden (87%) nutzt KI im Arbeitsalltag, einige sogar sehr stark (17%). Umgekehrt setzt aber auch ein nicht unwesentlicher Teil der Befragten KI-Tools nie (13%) oder kaum (18%) ein. Jüngere Medienschaffende und Mitarbeitende grösserer Redaktionen greifen häufiger darauf zurück als ihre älteren Kolleg:innen oder Mitarbeitende in kleinen Redaktionen.

Fast zwei Drittel (63%) der Schweizer Journalist:innen schätzen KI als nützlich für die eigene Arbeit ein. «Dabei werden KI-Tools überwiegend unterstützend eingesetzt – zum Beispiel für Transkriptionen, Textoptimierungen oder Titelvorschläge», sagt Studienverantwortliche Silke Fürst. Die Generierung ganzer Inhalte, seien es Texte, Bilder oder Videos, würden kaum eine Rolle spielen, so die wissenschaftliche Mitarbeiterin am fög.

Auswirkungen auf Qualität ambivalent beurteilt

Die Einschätzungen darüber, wie sich der Einsatz von KI auf die Qualität der Inhalte auswirkt, gehen auseinander. Rund ein Drittel der Befragten gibt an, dass sich die Qualität ihrer Beiträge durch die Nutzung von KI verbessert. Ein grösserer Anteil stellt jedoch fest (38%), dass dies kaum oder gar nicht der Fall ist. Ein Teil der Medienschaffenden räumt zudem ein, nicht genügend Zeit zu haben, um KI-generierte Informationen sorgfältig zu prüfen (18%) oder durch eigene Quellen oder Auskunftspersonen zu ergänzen (24%).

Die Mehrheit der Befragten berichtet, dass es in ihrer Redaktion beim KI-Einsatz keine systematischen Massnahmen der Qualitätssicherung gibt oder sie diese nicht kennen. 15% der Befragten geben an, dass der redaktionelle Einsatz von KI bereits zu Fehlern geführt hat. «Wenig überraschend sind vier von fünf Medienschaffenden der Meinung, dass KI im Journalismus viele ethische Fragen aufwirft», sagt Fürst.

KI-Richtlinien nicht ausreichend bekannt

In den letzten Jahren wurden in vielen Medienhäusern und auch branchenweit Richtlinien im Umgang mit KI eingeführt. Jene des eigenen Medienhauses bzw. der eigenen Redaktion werden dabei von fast der Hälfte der Befragten als hilfreich empfunden, einem knappen Drittel sind sie allerdings nicht bekannt. Die branchenweiten KI-Richtlinien werden von deutlich weniger Befragten als nützlich empfunden und noch weniger kennen sie. Allerdings sind mehr als 80% der Medienschaffenden der Meinung, dass es branchenweite Standards zur Kennzeichnung von KI in der Medienberichter-stattung braucht. Dies würde dem Publikum erlauben, den Einsatz von KI besser nachzuvollziehen.

Problematische Abhängigkeit von Tech-Unternehmen

Mit Blick auf die Auswirkungen auf die ganze Medienbranche überwiegen – ähnlich wie in der Schweizer Bevölkerung – deutlich skeptische Einschätzungen. «61% der Medienschaffenden gehen davon aus, dass der KI-Einsatz im Schweizer Journalismus die Verbreitung von Falschinformationen begünstigt, 68% erwarten die Angleichung von Inhalten und 70% befürchten, dass KI das Vertrauen des Publikums gefährden könnte», sagt Silke Fürst.

Zudem konstatieren viele Journalist:innen eine wachsende Abhängigkeit von Tech-Unternehmen (75%) und sprechen sich für Kooperationen zur Entwicklung eigener KI-Tools aus (46%). Damit könnten die Investitionskosten für die einzelnen Medienunternehmen reduziert, die Anforderungen von Schweizer Redaktionen besser berücksichtigt und das Ungleichgewicht zwischen grossen und kleineren Redaktionen verringert werden.

Die Studie und den dazugehörigen Fragebogen finden sich unter folgenden Links: 

Studie Journalist:innen Befragung zu KI (PDF, 586 KB)

Fragebogen zur Studie (PDF, 2 MB)

Die Studie wurde von der Digitalisierungsinitiative der Zürcher Hochschulen (DIZH) gefördert. Am Projekt sind folgende Partner beteiligt: Università della Svizzera italiana (USI), Universität Freiburg, Fachhochschule Graubünden, IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW, Junge Journalistinnen und Journalisten Schweiz (JJS), Qualität im Journalismus (QuaJou) und Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM). Die Studie wurde zudem von weiteren Medienvereinen und -verbänden unterstützt. Weitere Informationen zum Projekt

Bildquelle: iStock/hapabapa

Unterseiten